Lieferkettengesetz 2021 – Eine verständliche Zusammenfassung

Inhalt


Auch heute werden in vielen Ländern der Welt noch die sozialen Mindeststandards missachtet, beispielsweise in Form von Kinder- und Zwangsarbeit. Diese Zustände sorgen dafür, dass Millionen Menschen weltweit in Not und Elend leben. Ob auf Kaffeeplantagen, in Steinbrüchen oder in Textilfabriken – auf der Welt arbeiten aktuell allein rund 79 Millionen Kinder unter unzumutbaren Bedingungen und werden massiv ausgebeutet. Die Produkte, die sie fertigen, werden unter anderem auch nach Europa exportiert und von deutschen Unternehmen genutzt beziehungsweise vertrieben.

An diesen Umständen muss sich etwas ändern. Dies hat auch die Bundesregierung erkannt und daher ein Gesetz entworfen, welches offiziell als Lieferkettensorgfaltsgesetz bezeichnet wird. Auf den Weg gebracht wurde der Gesetzestext des Lieferkettengesetzes im März des Jahres 2021, bevor das Lieferkettengesetz im Juni durch den Bundestag beschlossen und durch den Bundesrat gebilligt wurde.

Lieferkettengesetz einfach erklärt

Mit dem neuen Lieferkettengesetz wird das Ziel verfolgt, im Rahmen der weltweit vernetzten Lieferketten die Menschenrechte zukünftig stärker zu schützen. Im Fokus steht dabei jedoch nicht, die Sozialstandards, die in Deutschland etabliert sind, auch weltweit strikt umsetzen, sondern dafür zu sorgen, dass grundlegende Standards der Menschenrechte gewährleistet und eingehalten werden, beispielsweise hinsichtlich Zwangs- und Kinderarbeit.

Die Verantwortung dafür liegt auch bei deutschen Unternehmen. Diese müssen sicherstellen, dass die Menschenrechte in ihren Lieferketten nicht missachtet werden. Durch den Lieferkettengesetz Gesetzestext werden die Anforderungen, die hinsichtlich der Sorgfaltspflicht von Unternehmen zukünftig umgesetzt werden müssen, klar definiert. So wird sowohl für Betroffene als auch die Firmen eine wichtige Rechtssicherheit geschaffen.

Die Regelungen des Lieferkettengesetzes

Ein klarer Vorteil, der mit dem Lieferkettengesetz einhergeht, besteht darin, dass hinsichtlich der unternehmerischen Sorgfaltspflichten nun klare Anforderungen definiert sind. Durch diese wird eine wichtige Rechtssicherheit in diesem Themenbereich für alle involvierten Parteien geschaffen.

Grundsätzlich sind von der Sorgfaltspflicht der Unternehmen dabei sämtliche Teile der Lieferkette betroffen, ob das finale Verkaufsprodukt oder die verwendeten Rohstoffe. Im Bereich der Anforderungen, die Unternehmen stellen müssen, sind dabei Abstufungen zu finden, die sich nach den verschiedenen Stufen der Lieferkette und auch dem Einflussvermögen derjenigen richten, welche die Menschenrechtsverletzung verursachen. Erhalten Unternehmen einen eindeutigen Hinweis darauf, dass in ihrer Lieferkette Menschenrechte verletzt werden, müssen diese handeln.

Ob das Gesetz eingehalten wird, wird durch die Behörde des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle überprüft. Dieses führ Kontrollen der Unternehmensberichte durch und verfolgt Fälle, in denen Beschwerden eingereicht werden. Sollten dabei Verstöße oder Versäumnisse ans Tageslicht kommen, können ein Ausschluss des Unternehmens von der öffentlichen Beschaffung oder die Verhängung von Bußgeldern erfolgen.

Vor den Gerichten in Deutschland konnten Menschenrechtsverletzungen von den Betroffenen bereits in der Vergangenheit geltend gemacht werden. Mit dem neuen Lieferkettengesetz geht jedoch unter anderem einher, dass nun auch bei dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle entsprechende Beschwerden vorgetragen werden können.

Ab wann gilt das neue Lieferkettengesetz – und für wen?

Im ersten Schritt wird das neue Lieferkettengesetz nach dem aktuellen Stand ab dem Jahr 2023 für Unternehmen gelten, deren Mitarbeiteranzahl über 3.000 Menschen liegt. Betroffen sind davon in Deutschland so circa 900. Unternehmen.

Das Lieferkettengesetz wird dann ab dem folgenden Jahr 2024 noch einmal verschärft, sodass sich auch Unternehmen mit einer Mitarbeiteranzahl von über 1.000 Menschen nach diesem richten müssen.

Eine erneute Überprüfung des Anwendungsbereiches des Lieferkettengesetzes ist dann von der Bundesregierung nach dem Jahr 2024 vorgesehen.

Die Anforderungen des Lieferkettengesetzes

Die verschiedenen Stufen, nach denen die Anforderungen, welche durch die Unternehmen sichergestellt werden müssen, sind so gestaltet, dass sie nach dem eigenen Geschäftsbereich, dem unmittelbaren Zulieferern und den mittelbaren Zulieferern abgestuft sind.

Daneben richten sie sich nach der Art des Beitrags der Verursachung des Unternehmens, nach der Schwere der Verletzung, die typischerweise zu erwarten ist, nach dem Einfluss, welchen das Unternehmen auf den Verletzungsverursacher hat sowie dem Umfang und der Art der Geschäftstätigkeit.

Die Maßnahmen, welche Unternehmen sowohl bei ihren unmittelbaren Zulieferern als auch bei ihrem eigenen Geschäftsbereich umsetzen müssen, bestehen in der Verabschiedung der Grundsatzerklärung für Menschenrechte, der Erstattung von öffentlich transparenten Berichten, der Einrichtung eines Beschwerdemanagements, der Etablierung eines Risikomanagements, um potentiell negative Einflüsse auf die Menschenrechte abzuwenden und der Durchführung einer Risikoanalyse.

Falls es in ihrem eigenen Geschäftsbereich zu einer Verletzung der Menschenrechte im Inland kommen sollte, sind Unternehmen verpflichtet, umgehend Maßnahmen zur Abhilfe zu leisten, die dazu führen, dass die jeweilige Menschenrechtsverletzung sofort beendet wird. Daneben müssen Unternehmen die Erstellung eines konkreten Plans hinsichtlich der Vermeidung und der Minimierung der Menschenrechtsverletzungen vornehmen, sollten diese nicht kurzfristig beendet werden können.

Handelt es sich um mittelbare Zulieferer, sind lediglich anlassbezogene Sorgfaltspflichten zu beachten – und das nur in Fällen, in denen das Unternehmen über einen möglichen Verstoß Kenntnis erlangt. Tritt diese Situation ein, ist die Durchführung einer Risikoanalyse, die Konzepterstellung zur Vermeidung und Minimierung der Verletzung sowie eine Verankerung von angemessen Präventionsmaßnahmen für den Verursacher nötig.

Die einheitlichen Regelungen in Europa

Kann einem Unternehmen ein schwerwiegender Verstoß gegen das neue deutsche Lieferkettengesetz nachgewiesen werden, ist ein Ausschluss von der öffentlichen Beschaffung von bis zu drei Jahren möglich.

Die Geltendmachung ist nicht nur vor deutschen Gerichten möglich, sondern es besteht ebenfalls die Möglichkeit, dass Nichtregierungsorganisationen und deutsche Gewerkschaften Betroffene auch im Ausland dabei unterstützen, ihre Rechte vor Gerichten in Deutschland durchzusetzen.

Aktuell wird eine einheitliche Regelung für Europa hinsichtlich des Lieferkettengesetzes angestrebt. Bis das Lieferkettengesetz allerdings beispielsweise auch in der Schweiz oder in Frankreich ebenso durchgesetzt wird, wie in Deutschland, werden mit großer Wahrscheinlichkeit noch einige Jahre vergehen. Aktuell gestalten sich die Regelungen und den meisten EU-Ländern noch weniger streng.

Es kommt darauf an, dass die Gesetzgebung der EU zwischen der Wirksamkeit für die Betroffenen, der Umsetzbarkeit für die Wirtschaft und dem optimierten Schutz der Menschenrechte einen Kompromiss findet. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass das Lieferkettengesetz in Deutschland als Vorlage für eine einheitliche europäische Regelung dienen wird.

Die Neuerungen des Lieferkettengesetzes

Im Vergleich mit dem ursprünglichen Regierungsentwurf, lassen sich bei dem neuen Lieferkettengesetz einige Neuerungen erkennen.

So gilt das Gesetz beispielsweise auch unter bestimmten Umständen für Zweigniederlassungen in Deutschland von Unternehmen, die ihren Sitz im Ausland haben.

Daneben lässt sich eine Erweiterung des Geschäftsbereiches des Unternehmens feststellen, da zu diesem nun auch ausländische Tochterunternehmen gerechnet werden – in der Vergangenheit galten diese als erster Zulieferer.

Ergänzt wurde außerdem das Basler Abkommen zu den Exporten von Abfall, um die menschliche Gesundheit zu schützen und Brancheninitiativen werden bei mittelbaren Zulieferern als angemessene Präventionsmaßnahme anerkannt. Es ist nun ebenfalls nötig, eine Information über die Gesetzesumsetzung an die Betriebsräte weiterzuleiten.

Kritik am Lieferkettengesetz

Allerdings wird bei dem Thema Pro und Contra des Lieferkettengesetzes häufig auch Kritik laut. Einige Stimmen weisen so mahnend auf die Schwächen und Lücken des neues Lieferkettengesetzes hin.

Ein Kritikpunkt besteht so etwa darin, dass es auch trotz des neuen Gesetzes für Betroffene weiterhin nahezu unmöglich bleibt, eine Entschädigung für die Verletzung ihrer Menschenrechte einzuklagen. Eine zivilrechtliche Haftung wird durch das deutsche Lieferkettengesetz nämlich nicht vorgesehen.

Daneben werden umfangreiche Vorgaben hinsichtlich des Umwelt- und Klimaschutzes vermisst. Im Bereich der Sorgfaltspflichten werden außerdem zu viele Ausnahmen kritisiert und, dass grundsätzlich eine zu geringe Anzahl von Unternehmen erfasst wird. Die Initiative Lieferkettengesetz setzt sich beispielsweise dafür ein, dass diese Schwächen des deutschen Lieferkettengesetzes ausgebessert werden und die Umsetzung einer einheitlichen Regelung für Europa vorangetrieben wird.

Weiterführende Informationen rund ums Lieferkettengesetz: